Für die postalische Organisation war übergeordnet das Reichs-Postamt mit Sitz in Berlin (RPA) zuständig. Als Bindeglied zu den örtlichen Postämtern fungierten als Mittelbehörden die beiden gleichrangigen kaiserlichen Ober-Postdirektionen in Frankfurt am Main (verantwortlich für das Stadtgebiet und deren Vororte) sowie Darmstadt (gesamte Veranstaltungsregion mit Ausnahme der Stadt Frankfurt). Mit Schreiben vom 30. Mai 1912 teilte die kaiserliche Ober-Postdirektion Darmstadt der kaiserlichen Ober-Postdirektion Frankfurt am Main mit, dass unter der Schirmherrschaft Ihrer Königlichen Hoheit, der Großherzogin von Hessen, in den Tagen vom 9. bis 16. Juni 1912 eine Postkartenwoche zum Besten der Mutter- und Säuglingsfürsorge in Hessen stattfinden sollte. Im Schriftsatz wurde um die Mitwirkung der kaiserlichen Ober-Postdirektion in Frankfurt am Main ersucht und der Besuch des Regierungsrates Pistor als Vertreter des Veranstalters angekündigt. Auf eine gemeinsame Berichterstattung an das Reichs-Postamt in Berlin wurde verzichtet. Nach dem Einverständnis der kaiserlichen Ober-Postdirektionen Frankfurt am Main berichtete die kaiserliche Ober-Postdirektion Darmstadt dem Reichs-Postamt wegen der Kürze der noch zur Verfügung stehenden Zeit telegraphisch von dem geplanten Vorhaben. Die dortige Genehmigungsverfügung vom 1. Juni 1912 ging sodann parallel bei den beiden Ober-Postdirektionen ein:
An die kaiserlichen Postämter in Frankfurt am Main und seine eingemeindeten Vororte erging am Mittwoch, dem 5. Juni 1912 eine Verfügung der kaiserlichen Ober-Postdirektion Frankfurt am Main, welche die Postämter über den Verlauf der Postkartenwoche unterrichtete. Ebenso wurden sie besonders auf ihre Mitwirkung hingewiesen. Unter anderem hieß es dort:
„Diejenigen Postkarten, die durch die Luftpost befördert werden sollen, erhalten eine weitere, von der Großherzoglichen Zentrale für Mutter- und Säuglingsfürsorge in Hessen hergestellte Marke, die auf dem linken Teile der Vorderseite in den zu Mitteilungen bestimmten Raum aufgeklebt wird (Luftmarke). …. Zur Abstempelung dieser Luftschiff-Postkarten und zwar sowohl der Postwertzeichen als auch der Luftmarken werden besondere Aufgabestempel benutzt werden. Das Reichs-Postamt hat genehmigt, dass die in der Zeit vom 9. bis 16. Juni in den Städten, in denen das Luftschiff Post aufnehmen soll, zur Auflieferung kommenden Luftpostkarten durch die gewöhnlichen Straßenbriefkästen eingeliefert werden können. Diese Karten sind nicht (in Einzelfällen aber dennoch versehentlich praktiziert) mit dem gewöhnlichen Aufgabestempel (Ortsstempel) zu bedrucken, sondern auszusondern und bei der nächsten Gelegenheit in einem mit der in die Augen fallenden Aufschrift LUFTSCHIFF-POSTKARTEN versehenen Bunde dem Postamt 9 hier zuzuführen, das für ihre Bedruckung mit dem besonderen Aufgabestempel sowie für ihre Weiterbeförderung Sorge tragen wird. Die von den Luftposten hier eingehenden LUFTSCHIFF-POSTKARTEN sind wie gewöhnliche Postsendungen zu behandeln. Die Postagenturen sind von den Abrechnungs-Postämtern mit genauer Anweisung zu versehen."
Mit Verfügung der kaiserlichen Ober-Postdirektion Darmstadt vom Freitag, 7. Juni 1912 wurden die kaiserlichen Postämter Darmstadt 1, Offenbach (Main), Mainz 1 sowie Worms unterrichtet. Sie erhielten folgende Anweisung zur Durchführung der Postkartenwoche:
„Die zur Beförderung mit dem Luftschiff bestimmten offiziellen Postkarten der Zentrale für Mutter- und Säuglingsfürsorge sollen - abgesehen von der Postfreimarke - mit einer besonderen von der Zentrale herausgegeben Marke versehen werden, die auf dem für die Mitteilung bestimmten Teil der Vorderseite der Postkarte aufgeklebt wird. …. Derartige, in den in Betracht kommenden Städten zur Luftbeförderung aufgelieferten Postkarten sind mit einem besonderen, auf Kosten der Zentrale beschafften Stempel zu bedrucken. …. Die mit den von der Zentrale als Luftpostkarten gekennzeichneten offiziellen Wohltätigkeits-Postkarten sind bei jeder Kastenleerung auszusondern, zu zählen und mit dem Sonderstempel sowohl auf dem Postwertzeichen als auch auf der Luftmarke deutlich zu bedrucken. …. Sollten die Stempelabdrucke unleserlich ausgefallen sein, so wäre ein dritter Abdruck auf der Postkarte herzustellen. …. Die vom 9. Juni ab für den ersten Flugtag eingesammelten Luftpostkarten sind mit dem Datum des 12. (geplanter erster Flugtermin des Luftschiffes), die später eingelieferten mit dem Datum der Anlieferung abzustempeln."
Aus der Verfügung der kaiserlichen Ober-Postdirektion Darmstadt an die angeschlossen Postämter geht eindeutig hervor, dass das erste Verwendungsdatum des Sonderpoststempels der 12. Juni sein musste, gleichgültig ob die Luftpostkarten am 9., 10., 11. oder 12. Juni 1912 eingeliefert wurden. Die kaiserliche Ober-Postdirektion Frankfurt am Main gab keine derartige Anweisung heraus. Deshalb wurde der Sonderstempel in Frankfurt am Main bereits vom 10. Juni an jeweils mit dem gültigen Datum verwendet. Aus der Fachliteratur ist ein Stempelabdruck Frankfurt (Main) mit dem Datum 9. Juni auf einer Postkarte bekannt, deren Absender der Hersteller des Stempels ist. Hieraus lässt sich ableiten: Der 9. Juni 1912 ist kein echten echtes Verwendungsdatum.
Von der Ober-Postdirektion Frankfurt am Main wurde der dortige Ober-Postinspektor Lindemann mit der Durchführung der Postkartenwoche beauftragt. In seiner Funktion erhielt er die Anweisung, in Verbindung mit dem Postamt Frankfurt 9 alle erforderlichen Maßnahmen und Verabredungen zu treffen. In erster Linie war der Verkauf der Karten und Marken zu organisieren. Als Ansprechpartner des Veranstalters benannte man für Frankfurt am Main Herrn Dr. Rikoff, ein Mitglied des Flugsportklubs. Mit ihm waren alle Vereinbarungen zu treffen. Er hat auch die Karten und Flugmarken der Post zum Verkauf übergeben. Herr Lindemann berichtete der Kaiserlichen Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main am Samstag, 8. Juni 1912:
„Die Karten- und Markenverkaufsstelle im Laden Kaiserstraße 19 wird am Montag, 10 Juni 8 Uhr vormittags eröffnet werden. Sie ist werktäglich von 8 Uhr vormittags bis 8 Uhr nachmittags geöffnet, und in der Zeit von 8 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachmittags sowie von 3 Uhr bis 8 Uhr nachmittags mit zwei Unterbeamten und in der Zeit von 1 Uhr bis 3 Uhr nachmittags mit einem Unterbeamten besetzt."
Lindemann betonte ferner, dass die Unterbeamten mit besonderer Sorgfalt ausgewählt worden waren. Das
Postamt
Frankfurt 9 war beauftragt, die Verkaufsstelle zu überwachen und nötigenfalls personell zu
verstärken. Am
Montag, dem 10. Juni 1912 um 7.30 Uhr, fand die geplante Übergabe der Karten und der Flugmarken von
Dr.
Rikoff an die Unterbeamten statt. Das Postamt Frankfurt 9 hatte die Verkaufsstelle mit einem Bestand
an 5
und 10
Pf-Marken versehen. In den anderen Städten wurden die Vorbereitungen vermutlich in ähnlicher Weise
getroffen.
Von Seiten des Veranstalters waren in Offenbach am Main der Kreisarzt Lochmann, in Mainz der
Provinzialdirektor Geh. Rat Dr. Breidert und in Worms der Oberbürgermeister Köhler und der
Polizeiinspektor
Bischoff
verantwortlich. Nachdem bereits die Sonderstempel vom Patronat beschafft worden waren, mussten vom
Veranstalter wenigstens keine besonderen Briefkästen bereit gestellt werden, welche die
Genehmigungsverfügung des
Reichs-Postamtes noch vorgesehen hatte. Diese kamen jedoch nicht zum Einsatz, da durch eine zweite
Verfügung
des RPA ausnahmsweise die Mitbenutzung der gewöhnlichen Straßenbriefkästen genehmigt wurde und diese
Situation
auch zur vereinzelten Verwendung von einfachen Ortsstempeln auf Luftpostkarten führte, welche
versehentlich
zunächst
mit der regulären Post verwechselt worden sind.
In der Stadt Frankfurt am Main, welche nicht zum Großherzogtum Hessen gehörte, wurden offiziell auch keine Karten mit Fotos der Großherzoglichen Familie angeboten. Dennoch gibt es eine Vielzahl solcher Karten, die in Frankfurt am Main abgestempelt worden sind. Diese Tatsache war den findigen Offenbacher Straßenverkäufern zu verdanken. In der Presse wurde damals berichtet, dass „hübsche Offenbacher Mädchen" ihre Karten im Straßenverkauf anboten und dort gute Geschäfte gemacht hätten.
Mit Rücksicht auf den stärkeren Postkartenverkauf wünschte die Zentrale, von der Großherzogin persönlich unterstützt, eine Verlängerung der Veranstaltung um acht Tage in der seitherigen Weise. Der entsprechende Antrag der Ober-Postdirektion Darmstadt vom Samstag, dem 15. Juni 1912 wurde vom Reichs-Postamt Berlin ohne Einwendungen genehmigt.
Die bisher erwähnten Telegramme waren nicht die einzigen, die zwischen dem Reichs-Postamt in Berlin und den beiden kaiserlichen Ober-Postdirektionen gewechselt wurden. Am Freitag, dem 14. Juni 1912 erhielt die kaiserliche Ober-Postdirektion Frankfurt am Main folgende Nachricht:
„Wie in Erfahrung gebracht, wird in Darmstadt private Flugpostmarke auf Karten der Postkartenwoche mit amtlichen Aufgabestempel Flugpost am Rhein und Main bedruckt. Falls diese unzulässige Abstempelung auch in Frankfurt stattfindet, sofort einstellen."
Das Reich-Postamt Berlin wollte also unterbinden, dass der hoheitlich eingesetzte Stempel (obwohl von der Zentrale bezahlt) auch auf den privaten Luftpostmarken verwendet wurde. Die telegraphische Antwort der kaiserlichen Ober-Postdirektion Frankfurt am Main vom Sonntag, dem 16. Juni 1912 lautete:
„Soeben lese ich nach Rückkehr von Dienstreise das dortige Telegramm vom 14. betreffend der Untersagung des Bedruckens der Flugpostmarken mit Aufgabestempel Flugpost am Rhein und Main. Damit wird der ganze Zweck wohltätiger Bestrebungen lahm gelegt. Da das Verfahren bereits eine Woche besteht, wird weitere Genehmigung desselben beantragt und telegraphische Bescheinigung erbeten."
Noch am gleichen Tage kam die Antwort vom Reichs-Postamt Berlin:
„Telegraphischer Antrag auf Weiterstempelung der Flugpost in bisheriger Weise genehmigt."
Der telegraphische Schriftwechsel mit dem Reichs-Postamt hatte unmittelbar zur Folge, dass die Flugmarken am 15. und 16. Juni teilweise nicht mitabgestempelt wurden. Etliche dieser Karten sind entsprechend später zur Abstempelung noch vor der Beförderung gelangt. Es war auch möglich, dass bei Vorlage der Karten die Flugmarken nachgestempelt worden sind. Dabei existieren Karten, deren beide Stempel im Datum unterschiedlich sind, also die Luftpostmarke ein späteres Stempeldatum als die reguläre Reichspostmarke auf demselben Exemplar aufweist.
In seinem Schlussbericht schrieb der Ober-Postinspektor Lindemann unter anderem:
„Infolge des am 14. Juni 1912 vom Reichs-Postamt hier eingegangenen Telegramms, durch das die
Abstempelung
der
Flugmarken untersagt wurde, sind etwa 300 Flugzeugkarten, so genannte Gelbe-Hund-Karten ohne
abgestempelte
Flugmarken zur Absendung gelangt, während die in vielen tausend Exemplaren bei Ffm 9 vorliegenden,
gewöhnlichen
Flugpostkarten, deren Flugmarken nicht gestempelt waren, glücklicherweise noch bis der am 16. abends
erfolgten
Zurücknahme der vorstehend erwähnten telegraphischen Verfügung des RPA noch nicht hatten zur
Absendung
gebracht
werden können. Die Abstempelung der Flugmarken auf diesen Karten hat infolgedessen nachgeholt werden
können.
Es
ist dies ein besonders glücklicher Zufall gewesen, da andernfalls das PA Ffm 9 mit Beschwerden und
Anträgen
auf
nachträgliche Abstempelung der Flugmarken seitens des sich benachteiligt haltenden Publikums
geradezu
überflutet
worden wäre. Von den erwähnten 300 Gelbe-Hund-Karten ist z.B. eine große Zahl dem PA Ffm 9 von den
Empfängern
mit dem Antrag wieder zurückgesandt worden, die Abstempelung nachträglich vorzunehmen. Das PA Ffm 9
hat
diesen
Anträgen in allen Fällen stattgegeben. …..
Bei der Beförderung der Flugpostkarten ist mit besonderer Sorgfalt darauf gehalten worden, dass
entsprechend
der Verfügung des RPA vom 1. Juni sämtliche Flugpostkarten, wenigstens streckenweise, sei es mit dem
Euler-Flugzeug Gelber Hund, sei es mit dem Zeppelin-Luftschiff Schwaben Beförderung erhalten haben."
Einige Unternehmen erkannten in der besonderen Postbeförderung eine gute Gelegenheit zur Werbung. Sie kauften größere Mengen Grußkarten und versahen diese mit einem Werbeeindruck und versandten sie gezielt an ihre Kundschaft. Dies war die erste Werbung per Luftpost.
Die Reichspost achtete nicht auf die Beschaffenheit der Sendungen. Es wurde nur geprüft, ob Postwertzeichen und Luftpostmarke als Voraussetzung für die Beförderung aufgebracht waren. Aus diesem Grund gibt es eine Anzahl von Belegen, die nicht in das Schema der Veranstaltung passen. Beispielsweise kamen Wohlfahrtspostkarten der beiden Vorjahre zur Verwendung. Sie zählen ebenso zu den seltenen Stücken, wie diverse private Postkarten oder gar einzelne Briefsendungen, welche offiziell gar nicht zulässig waren. Raritäten sind auch Karten, die während der Fahrten des Luftschiffes „Schwaben" an Bord aufgegeben wurden und dort mit dem zusätzlichen Abdruck des Bordstempels versehen wurden.
Das Ereignis wurde von einem respektablen Rahmenprogramm begleitet, welches die gesamte damalige Bevölkerung ansprechen sollte und öffentlich weit über die Zunft der reinen Briefmarkensammler hinaus beachtet wurde. So wurde der Exerzierplatz in Darmstadt für die Ankunft des Flugzeugs und des Luftschiffes extra abgesperrt und Eintritt (20 Pfg. bzw. 50 Pfg) erhoben. Trotzdem fanden sich vor Ort 15 000 begeisterte Zeitzeugen ein, welche eine Stimmung erzeugten, die keinen Vergleich zur Atmosphäre während eines heutigen Fußball-Bundesligaspiels in einem großen Stadion scheuen musste.
Im Programm für Darmstadt heißt es:
**Sonntag, den 9. Juni 1912**: Eröffnung der „Flugpost am Rhein und Main"(reichspostalischer
Stempel:
„Flugpost am Rhein und Main"). Das Luftpostamt, Rheinstraße 14, ist offen von vormittags 11-1
Uhr. -
Großes
Konzert sämtlicher Militärkapellen der Haupt- und Residenzstadt Darmstadt bei dem Luftpostamt 11
- 12 ½
Uhr.
(Konzertprogramm in den Tageszeitungen.) Luftpostwertzeichen. (Die wie üblich
frankierte und
mit der
Luftpostmarke (10 Pfg.) versehene Postkarte kann in jeden Briefkasten der Reichspost
geworfen
werden; sie wird
dann mit dem Zeppelin-Postschiff „Schwaben" durch die Luft befördert und darauf
an jede
beliebige Adresse
des Weltpostverkehrs gesandt.) - Ausgabe der nur in kleiner Auflage
erscheinenden Flugzeugkarten, befördert
durch Leutnant von Hiddessen nach aufgedrucktem Postweg.
**Montag, den 10. Juni 1912**: Mittags 12-1 Uhr: Militärkonzert auf dem Luisenplatz. Nachmittags
4 Uhr:
Monstrekonzert der vereinigten Militärkapellen Darmstadts auf dem Darmstädter Exerzierplatz.
Eröffnung
des
Flugpostamtes auf dem Exerzierplatz (Südfront); Abholung der auf dem Flugpostamt und am Sonntag
und
Montag in
der Stadt (in jeden Briefkasten) aufgegebenen Post. Gegen Abend: Ankunft der
Postflugmaschine
„Gelber Hund".
Der Platz ist abgesperrt (Eintritt 20 Pfennig).
**Dienstag, den 11. Juni 1912**: Verkauf der offiziellen Postkarten und Luftpostwertzeichen in
den als
Verkaufsstellen bezeichneten Läden und in dem Luftpostamt.
**Mittwoch, den 12. Juni 1912: Mittags 12-1 Uhr**: Drei Militärkonzerte: Luisenplatz,
Paradeplatz,
Marktplatz.
4 Uhr nachmittags: Militärkonzert mehrerer Kapellen auf dem Darmstädter Exerzierplatz in der
Nähe des
Flugpostamtes (Südfront). Gegen Abend: Ankunft des Postluftschiffes (Zeppelinluftschiff)
„Schwaben".
Aufnahme der an diesem Tage und vorher aufgegebenen Luftpost durch das Postluftschiff „Schwaben"
und
Abgabe der
Post Frankfurt-Darmstadt mittels besonderer Vorrichtungen (Postflugseil). Der Platz ist
abgesperrt.
Eintritt 50
Pfennig. Verkauf der Flugpostmarken und -karten.
**Donnerstag, den 13. Juni 1912 und Freitag, den 14. Juni 1912**: Verkauf der offiziellen
Postkarten und
Luftpostwertzeichen in den als Verkaufsstellen bezeichneten Läden.
Samstag, den 15. oder Sonntag, den 16. Juni 1912: Wie am Mittwoch (nach späterer
Mitteilung).
Änderungen vorbehalten. Bei Regen und Sturm werden die Veranstaltungen vom 10., 12., 15. (16.)
Juni auf
einen
anderen Tag der Woche verlegt, was durch Anschlag bekannt gegeben wird.
Die Veranstaltung wurde daraufhin von größtem öffentlichen Interesse begleitet, wie das Darmstädter Tagblatt zu berichten wusste:
"Die Postkartenwoche hat gestern (Sonntag, 9. Juni 1912) mit bestem Erfolg ihren Anfang
genommen. Bei
der
Eröffnung der Luftpost in der (darmstädter) Rheinstraße war der Andrang so stark, dass
zeitweilig durch
die
Polizei abgesperrt werden musste. Mittags zwischen 11.00 und 12.30 Uhr fanden Massenkonzerte
sämtlicher
Militärkapellen der Garnison in der Grafen- und Rheinstraße statt. In den Straßen promenierte
ein
zahlreiches
festlich gekleidetes Publikum."
"Am 10.6. (zweiter Tag) nachmittags zogen sämtliche Militärkapellen der Garnison mit Musik, voran
berittene
Postillone, durch die Straßen nach dem Exerzierplatz, wo um 16.00 Uhr das Flugpostamt eröffnet
wurde.
Große
gelbe Briefkästen waren vor dem mit Girlanden geschmückten Flugpostamt und auf dem Platz
verstreut
aufgestellt.
Die Verkaufsstände mit Bildern und namentlich Flugpostkarten nebst Marken waren fortgesetzt
belagert,
und
dauernd ergossen sich neue Scharen von Besuchern auf den durch die Militär- und
Schutzmannschaften
streng
abgesperrten Platz, wo das Publikum bei dem Monstrekonzert (Armeegroßkonzert) sämtlicher
Kapellen
lustwandelte.
..…..
Kurz vor 19.00 Uhr verkündeten Hörnersignale der berittenen Postillone das Nahen des
Großherzogpaares
mit Besuch und Gefolge. ….. Das Großherzogspaar unterschrieb vielfach Ansichtskarten. [...] Um
19.30 Uhr
schritt unter 1000-stimmigen Hurrarufen die Postflugmaschine „Gelber Hund" zur Landung."
[...]
„Aus Anlaß des Besuchs des Postluftschiffes „Schwaben" ergoß sich am 4. Tag (Mittwoch, 12. Juni
1912)
wieder
eine Völkerwanderung nach dem Exerzierplatz, wo man bei Massen-Militärkonzerten promenierte,
Postkarten
kaufte usw. Um 17.00 Uhr waren etwa 15 000 Menschen anwesend. [...]"
Für die Luftpostbeförderung existierte kein regulärer Fahrplan.
Das Luftschiff verband aus wirtschaftlichen Gründen die Postbeutelbeförderung mit Passagierfahrten, wie sie entsprechend der vorliegenden Buchungen anfielen. Am 11. Juni traf das Luftschiff "Schwaben", von Baden-Oos kommend, um 09.30 Uhr in Frankfurt am Main ein. Am 12. Juni erfolgte zunächst eine Probefahrt nach Wiesbaden. Diese Fahrt diente unter anderem dazu, die Vorrichtungen für die Aufnahme bzw. Abgabe der Post in den anderen Orten zu testen. An einer Leine mit einem Haken sollten die 25 kg schweren Postsäcke, mit einem jeweiligen Fassungsvermögen von über 5 000 Karten, abgelassen bzw. aufgenommen werden.
Am gleichen Tage gegen 18.00 Uhr nahm das Luftschiff seine erste Postfahrt unter Mitführung der Reichs-Postflagge vom Rebstock-Gelände in Frankfurt am Main auf. Die Städte Offenbach am Main, Darmstadt und Mainz wurden bei dieser Fahrt angesteuert und sie endete wieder am Ausgangsort. In allen Städten wurde Post aufgenommen und abgelassen. Am nächsten Tag, dem 13. Juni, fuhr das Luftschiff nach Worms.
Während das Flugzeug zur Postübernahme, wie unten ausgeführt, regulär landete, kam das Luftschiff in niedriger Höhe, in der Luft schwebend, zum Stehen. Der Zeppelin warf die Postbeutel an Fallschirmen ab, während die aufzunehmenden Beutel an einem herabgelassenen Seil in die Kabine heraufgezogen wurden. Da dieses Verfahren erstmalig praktiziert wurde, war dies naturgemäß mit den üblichen Anfangsschwierigkeiten verbunden, was Auszüge aus den zeitgenössischen örtlichen Zeitungsberichten belegen:
„Das Luftschiff kommt, ohne zu landen, bis auf zirka 50 m herunter. Ein Postseil wird abgeworfen, 70
m
lang.
Daran befindet sich ein Karabinerhaken, der von den Postbeamten rasch in den Ring des
bereitgehaltenen
Postsackes eingehakt wird. Das Postseil läuft mit Gegengewicht auf einer Rolle, so dass es sofort
sehr
schnell
auf halbe Höhe hinaufgezogen werden und dann nicht mehr mit Bäumen oder Gebäulichkeiten in Berührung
kommen
kann. Während der Weiterfahrt wird der Beutel in die Gondel gezogen."
„Das Luftschiff „Schwaben" warf am Montag, 17. 6.1912 über dem Exerzierplatz in Darmstadt zwei
Postbeutel
mit
Fallschirm ab. Die bereitgestellte Darmstädter Luftpost konnte nicht übernommen werden, da nach
einem
ausgeworfenen Telegramm das Flugseil in Offenbach am Main infolge ungünstiger Verhältnisse und des
starken
Windes unbrauchbar wurde und abgeschnitten werden musste, so dass die Offenbacher Post zurückblieb."
„Luftpost-Landungs- und -Ladeplatz Darmstadt, Dienstag 18.6.1912. Aus etwa 100 m Höhe warf die
„Schwaben"
den ersten Postkartenbeutel ab, der am Fallschirm ruhig und sanft niederschwebte. Nicht so glatt
ging es mit
dem zweiten Beutel, dessen Last für den Fallschirm zu groß war. Dieser zerriß, und der schwere
Beutel sauste
in die Tiefe. Dieses Schauspiel wiederholte sich noch mehrmals. Sechs Postbeutel flogen so herab,
dann hatte
das Luftschiff den Platz überflogen. Es stieg schnell höher und erschien nach einer Schleife
nochmals. Noch
fünf Postbeutel an Fallschirmen flogen herab. Im ganzen wurden elf schwere Postbeutel herab
geworfen. Nicht
weniger als fünf Fallschirme zerrissen, jedoch nahm niemand Schaden, da der Platz gut abgesperrt
war."
Nach dem Flug nach Worms kehrte das Luftschiff in seinen Heimathafen Baden-Oos zurück. Am 17. Juni
traf das
Luftschiff erneut in Frankfurt am Main ein und führte eine Postfahrt nach Offenbach am Main aus.
Dort gab es
bei der Postaufnahme Schwierigkeiten, so dass der Zeppelin insoweit unverrichteter Dinge nach
Frankfurt
zurückkehrte. Am nächsten Tag, dem 18. Juni, startete die „Schwaben" nach Darmstadt und fuhr mit der
dort
aufgenommen Post wieder nach Frankfurt am Main zurück. Das Luftschiff kehrte dann am 19. Juni nach
Baden-Oos
zurück und warf bei dieser Fahrt in Worms Post ab. Da es bis zur Beendigung der Postkartenwoche am
Sonntag,
dem 23. Juni nicht möglich war, sämtliche eingelieferte Post zu befördern, musste das Luftschiff
erneut nach
Frankfurt am Main kommen. Am 24. Juni (nach anderen Quellen 27. Juni) führte es dann nochmals eine
abschließende Postfahrt durch. Auch an diesem Tage fuhr die „Schwaben" mit der
Reichs-Postflagge.
Hierbei wurde die eigentlich für das - jetzt defekte - Postflugzeug vorgesehene Restpost
mitbefördert und
auch die noch vom Patronat rasch aufgelieferten Aufbrauchverwendungen mittransportiert. Diese Karten
fallen
durch ihre Adressierung an das „Alte Palais Darmstadt" und dem späten Stempeldatum 23. Juni 1912 auf
und
sind relativ häufig in unterschiedlichen Aufmachungen anzutreffen. Sie wurden nach Ablauf der
Veranstaltung
zu späteren Zeitpunkten insbesondere an große Briefmarkenhändler (z.B. Gebrüder Senf, Leipzig oder
Eugen
Sekula, Luzern - Schweiz) verkauft. Aber auch diese Karten zeichnen sich durch das Prädikat aus, in
der Luft
befördert worden zu sein.
Das Flugzeug landete entsprechend der heutigen Vorstellung völlig normal, benötigte aber aufgrund der leichten Bauweise und des geringen Gewichts nur eine relativ kurze Start- und Landebahn. Für die Maschine sind folgende Flugzeiten überliefert worden:
Datum | Zeit | Strecke |
Mo, 10. Juni 1912 | 19.04 - 19.17 Uhr | Frankfurt - Darmstadt |
Do, 13. Juni 1912 | 15.39 - 15.55 Uhr | Darmstadt - Worms |
Do, 13. Juni 1912 | 18.35 - 19.15 Uhr | Worms - Mainz |
Mo, 17. Juni 1912 | 16.10 - 16.30 Uhr | Mainz - Frankfurt |
Sa, 22. Juni 1912 | 07.32 - 08.00 Uhr | Frankfurt - Darmstadt |
Sa, 22. Juni 1912 | 19.22 - 19.37 Uhr | Darmstadt - Frankfurt |
Die Pausen waren in dem Maße nicht eingeplant, sondern der Flugplan dünnte sich zwangsläufig durch kleinere Schäden und Defekte an der Maschine aus. Die letzte geplante Fahrt am 23. Juni 1912 konnte überhaupt nicht mehr durchgeführt werden, statt dessen musste ausnahmsweise das Luftschiff den Transport übernehmen, auch soweit „gelbe" oder „rote Hunde" aufgeliefert worden waren.
Nach rund einhundert Jahre späterer vorherrschender Ansicht verliert die Luftpostbeförderung ihren Sinn, wenn der Transport nicht schneller als auf dem gewöhnlichen Weg vonstatten geht. Bei der „Flugpost am Rhein und am Main 1912" war der Anspruch genau umgekehrt. Meist sammelten sich die eingelieferten Flugpostkarten bei den 5 Postabfertigungsstellen zu größeren Mengen an; sie lagerten dort so lange, bis sich am Orte selbst oder bei einer anderen Abfertigungsstelle eine Luftbeförderungsgelegenheit bot. Zum Auftakt der Postbeförderung durch die Luft waren die Maßstäbe noch andere. Die Beförderung durch die Luft war etwas grundsätzlich Neues, wobei der Zeitgewinn noch nicht im Vordergrund stand. Für die Rhein-Main-Flugpost galt: Jede Luftpostkarte muss - soll will es der anspruchsvolle Sammler - einen Teil ihres Weges durch die Luft nehmen, und sei er auch noch so kurz, gleichgültig auch, zu welchem Zeitpunkt und in welche Beförderungsrichtung. Geflogen musste die Karte sein, höher war das Bedürfnis der Sammler nicht. Viele der aufgelieferten Flugpostkarten waren an Empfänger im Aufgabeort gerichtet, manche auch an die eigene Adresse des Auflieferers. Sie erhielten den begehrten Sonderstempel, konnten aber erst mit großer Verspätung zugestellt werden, nachdem sie einen beschwerlichen Umweg durch die Luft genommen hatten. Es galt also eher das olympische Motto: „Dabeisein ist alles"!